Mère Courage et ses enfants

Noch nicht einmal diplomiert bekam ich einen Dreijahresvertrag am Thalia-Theater in Hamburg. Zum Einstand ging es für einige Monate nach Paris ans Théâtre National De Chaillot. – WOW ! – Dort spielten wir 63mal „Mutter Courage und ihre Kinder“ auf französisch und anschliessend noch 10 Vorstellungen auf deutsch, während der Wiener Festwochen. Und ich kam mir vor, wie von den Göttern geküsst.

Foto: Tino Rothert, mit grossem Dank für dieses Dokument.

Da waren auch die Engel nicht weit; einer hiess Céline und danach kam noch ein anderer, nämlich Isabelle. Tagsüber Schlendrian und nachts mit dem Taxi in die Rue Oberkampf. So hätte es jahrelang weitergehen können. Geld war genug da.

Es war eine unglaubliche Zeit, und ich war unglaublich jung. Das Bild zeigt mich als Schweizerkas (der in der französischen Fassung „Petit Suisse“ heisst) neben meiner Bühnenschwester, die von Anna Thalbach gespielt worden ist. In ihrem Bauch befand sich die Tochter, die mittlerweile erwachsen ist und auch schon auf der Bühne steht. Katharina Thalbach war unsere Mutter, und Nicky von Tempelhoff unser Bruder Eilif. Mit Nicky war ich danach einige Jahre zusammen am Thalia-Theater fest engagiert. Aber in Paris wohnten wir sogar zusammen in einer traumhaft malerischen Butze, mit gurrenden Tauben auf dem Dach; original wie aus der Zigaretten-Werbung. Wir haben geraucht wie die Schlote. Und es war Frühling !

Das ist bald 30 Jahre her, und manchmal denke ich, es können doch höchstens 10 Jahre sein. – Die Theatergötter haben dann andere junge Schauspieltalente geküsst, und ich kam wieder zurück auf die Erde. Damals gab es in Frankreich Minitel; ein Vorläufer des Internets, der es nicht bis Deutschland geschafft hat. Guntbert Warns spielte in der deutschen Fassung den Feldprediger und besass als einziger ein Handy. Das war so gross und schwer wie ein Schraubenschlüssel für Brückenköpfe.

In Paris habe ich auch meine Diplomarbeit über ein Dialogfragment aus der Nummer des Clowns „Grock“ geschrieben. – Eine Arbeit, die ein für mich überraschendes Ergebnis brachte: Ich hatte nicht erkannt, dass der Dialog ein Monolog war.  Das gab dann Punktabzug, was mich durchaus geärgert hat. – Doch für mein Fortkommen war das vollkommen unerheblich.

(26 Jahre später habe ich den Professor, der diese Arbeit mentoriert hatte, wiedergetroffen. Er ist optisch allerhöchstens um 5 Jahre gealtert. Keine Ahnung, wie er das geschafft hat. Wahrscheinlich mit Disziplin & Sport.)

Und nach den Sommerferien 1995 begannen für mich acht Jahre Schauspielerdasein in Hamburg im Ensemble des berühmten Thalia-Theaters. Das wäre echt ein Buch.

 

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