„Emilia Galotti“

Mit dem Stück konnte ich mich leider nicht angemessen befassen. Denn nach 8 Jahren Festengagement an einem grossen Haus in Norddeutschland wollte man mich dort nicht länger behalten. Und mich ergriff die Panik.

Um mir die Kündigung nahezulegen, bekam ich zusehens unbedeutende Rollen, wie zum Beispiel den Maler Conti im bürgerlichen Trauerspiel  Emilia Galotti. – Der sagt auf die Frage:“ Wie leben Sie ? Was macht die Kunst ?“ den berühmten Satz: „Die Kunst geht nach Brot.“ – Ich empfand es als hinterfotzig, mich in der Kündigungssituation diesen Satz sagen zu lassen.

Und um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, hat man in dieser Zeit mein Foto im Schaukasten mit dem Banner: Ausverkauft überklebt.

Kein Wunder, dass ich in dieser Zeit schlechte Qualität abgeliefert habe. Wenn sich nach und nach die künstlerische Leitung von einem abwendet, und man im Ensemble isoliert dasteht.

Auf der Abschussliste stehend; Foto: privat

Die Kollegen haben sich von dieser Antistimmung aber nicht anstecken lassen, was nun wirklich für sie spricht.

Für diesen kleinen Auftritt also,  zu Beginn des Stücks, bekam ich eine dunkle Pilzkopfperücke verpasst, natürlich aus Echthaar, wie sich das für ein Haus in dieser Liga gehört, und einen aus der Hand geklebten Bart. Das heisst, hier ist jedes Barthaar einzeln aufgeklebt worden.

Hinter dieser Maske sah es natürlich desolat aus, denn zeitgleich hat mich meine damalige Agentur unsanft vor die Tür gesetzt; ein Unglück kommt selten allein, und gerade in dieser Branche ist der Dominoeffekt sehr gefürchtet.

Das ist nun schon bald 20 Jahre her, und ich habe diese Schikanen überstanden. Mittlerweile bin ich Vater geworden und Hobbyimker, und habe viele bessere Rollen gespielt, und all das war damals nicht abzusehen. – Und so bleibt von der ganzen Chose nur ein schaler Geschmack im Mund übrig; und gelegentlich Brechreiz, wenn ich an bestimmte Namen denke.

 

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