Künstler

 

Ralf Scherrer

Ende der 1980er Jahre habe ich den Künstler Ralf Scherrer kennengelernt. Wir wohnten zusammen in einer West-Berliner WG, die eine hohe Fluktuation von Leuten aufwies.

 

Ralf und ich blieben über sieben Jahre lang die Felsen in der Brandung, während die Leute drumherum kamen und gingen. Soviele unterschiedliche Persönlichkeiten und Temperamente durchliefen diese Fabriketage in Kreuzberg . Von der künftigen Opernsängerin bis zum Ex-Taxifahrer. Eine Filmregisseurin, die gerade aus der Psychiatrie kam, war dabei und ein Computerpionier, der die Etage in ein Hotel verwandelt hat. Es war wirklich die geballte Ladung an Mensch und sehr aufregend.

In dieser Zeit habe ich die Entstehung vieler Bilder von Ralf miterlebt. Immer drehen sie sich um Vergänglichkeit von Werten, um Abbruch, Ruinöses, auch um Zerstörung; selten um Aufbau oder gar verspielte Poesie. Ralfs Poesie steckt in der Behandlung der Farbe, auch der Humor und die Verspieltheit sind dort zu finden.

Das Bodemuseum zu Berlin, gesehen vom Maler Ralf Scherrer
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Der Aufbau seiner Neuner-Serien, die Struktur und Thematik beinhalten viel Wissen über vergangene Kulturen, und seinen Anspruch an die Zivilgesellschaft von heute. Umgang und Wertschätzung von Kunst und Künstler. Aber auch vom Selbstverständnis unserer abendländischen Kultur. Kein Wunder, dass die Darstellung von Tempeln und Kultstätten einen so grossen Raum in seinem Werk einnimmt. Meistens in Form von Ruinen. Untergegangene Hochkulturen sind sein Thema.

„Ein paar Steine und ein paar Löcher erwarten eindeutig nichts.“

Die Bilder entfalten in grossen Räumen und Foyers ihre Wucht und Dynamik. Bei Kerzenlicht betrachtet verändern sie sich nocheinmal grundlegend und offenbaren nun einen Sog, fast wie ein Absturz ins Bodenlose. Sie sind wirklich noch zu entdecken.

Abriss vom Kaufhaus Wertheim in Berlin - 2011 - gesehen vom Maler Ralf Scherrer
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Und da es in der Regel 9 Einzelbilder sind, die ein Gesammtbild von Ralf ergeben, multiplizieren sich die Abstürze fast filmisch mit modernen harten Schnitten; als ob der Alptraum nicht enden kann.

Seit einiger Zeit findet er zum Einzelbild zurück. Äusserlich beruhigt wirken sie mitunter beinahe schon ein wenig dekorativ. Urbane Muster, und erst in der näheren Betrachtung geht es wieder los mit der rasanten Achterbahnfahrt; jetzt aber nicht mehr in einem Neunerkreis, sondern innerhalb einer einzigen Tafel, aus der es allerdings auch keinen Ausweg gibt. Der Blick prallt ab, wie eine Flipperkugel und muss sich über meisterlich gemalten Drahtverhau und Betonbrocken freuen, weil wir deren Banalität benötigen.

Abriss vom Arbeitsamt am Stralauer Platz - 2011
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Zum Ralf

Margarete Hahner

Anfang der 1990er Jahre habe ich die Malerin Margarete Hahner kennengelernt. Sie hatte damals eine Odyssee hinter sich; lebte in Portugal – Finnland.

 

Eine Reise mit dem Postschiff führte sie nach Norwegen hoch in den Polarkreis. Und das zu einer Zeit, als dies weder touristisch erschlossen, noch sonstwie hipp gewesen ist. Eine Sucherin, die weite Wege und extreme Bedingungen findet; auch wenn sie nun sesshaft geworden zu sein scheint.

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Uns verbindet nicht nur ein besonderer Humor, sondern auch eine jahrzehntelange und zeitweise sehr sehr enge Freundschaft. – Mittlerweile lebt Margarete in Los Angeles, und wir halten den Kontakt miteinander. Mir will nicht aus dem Kopf gehen, was mir Margarete vor einigen Jahren schrieb:

„…. man sollte langsam zur Sache kommen. Der Lebensfalz ist auf die linke Seite des Buches gerutscht….“

Malerin
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Früher fand ich zu ihrer Malerei nicht so wirklich den Zugang; mir fehlte irgendwie der Kick der Begeisterung. Obwohl ich ihre Bilder am liebsten gemocht hätte. Ich fühlte mich bisweilen durch ihre Phantasiewesen an Hieronymus Bosch erinnert oder an die Surrealisten im 20.Jahrhundert, doch es war fast unmöglich Margaretes Bilder frei von diesem Vorbildern betrachten zu können.

Ich benötigte über 20 Jahre Zeit, um das Provisorische und Skizzenhafte und Vergängliche schätzen zu können, was ihre Arbeiten auszeichnet und gleichzeitig so rätselhaft macht. Die darin befindliche Ironie war für mich dagegen leicht zu schnappen. Ich würde ihre Bilder unter 1000den sofort erkennen; das bilde ich mir zumindest ein.

Türe
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Immer wieder spielt die Kirche und der Glaube eine Rolle in ihrem Werk. Und auch Beziehungsthemen finden sich in zahlreichen Arbeiten.  Metamorphosen und Zweckentfremdungen gehören zu ihrem Repertoire. Ein Märchenland mit giftigen Pilzen und Kobolden; verwandelten Wesen. Hölle und Verdammnis sind nicht weit entfernt.

Ich erinnere ihre Sammlung plattgefahrener Frösche und die schalkhaften Kindergartenstühlchen. Wer Margarete im Atelier besuchte, musste auf den bunten Zwergenstühlen Platz nehmen, denn eine andere Bestuhlung war nicht vorhanden.

Klicken Sie die kleinen Vorschaubildchen mehrmals an, dann vergrössern sie sich und man kann dem Pinsel folgen.

Bier
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Zur Margarete

Janne Birck

Um 2002 herum habe ich Janne Birck durch einen Streit kennengelernt.

Die preisgekrönte Kostümbildnerin bat mich telefonisch zu einer Anprobe, so wie das üblich ist. Aber wir fetzten uns von jetzt auf gleich, als ob ein Schalter gedrückt worden wäre, über eine Stunde lang am Telefon, während sie im Leihwagen durch das ihr völlig fremde Hamburg gurkte. Dabei kannten wir uns überhaupt nicht ! – Es wurde…  eine lebenslange Freundschaft daraus.

2018 – Janne stellt leidenschaftlich Seifen her, aus den allerbesten Zutaten. Ein bischen ist das so, wie mit mir und meinen Bienen.  – Wer mehr darüber wissen möchte, guckt sich einfach auf ihrer Seite um.

Unerwartetes Seifengeschenk von Janne Birck
Unerwartetes Seifengeschenk von Janne Birck – Foto: privat

 

 

 

Zur Janne

 

 

Karmers

Um 2012 herum sprach mich der Hamburger Maler Karmers an, der für ein abenteuerliches Hörbuchprojekt, das er auch schon begonnen hatte, Sprecher suchte. Er hatte auch schon einige gefunden – durchaus namhafte; aber es waren immer noch nicht genug.

Denn es ging um den gewaltigen Roman „Heeresbericht“ von Edlef Köppen, aus dem Jahr 1930. Dort wird anhand  von in die Handlung einmontierten Originaldokumenten der Zeit unterschiedlichster Art der erste Weltkrieg geschildert. –

Der Hamburger Künstler Karmers beim Küchestreichen
Der Maler und Hörbuchkünstler Karmers; Foto: Utzerath

Reden, Briefe, Werbung, Zeitungsartikel, Befehle und Korrespondenzen, kurz eine authentische Sammlung von Zeitgeist, ein unterschätztes Werk.

Karmers hat es tatsächlich geschafft, an die 30 Sprecher zusammen zu bekommen und ein professionelles Aufnahmestudio anzumieten, und zwar ohne finanzkräftigen Verlag oder sonstigen Produzenten im Hintergrund. Eine unglaubliche Leistung.

Herausgekommen sind 759 Minuten bedrückende Zeitgeschichte auf 11 CDs.

 

Hier sind sie

 

 

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